Das Verwaltungsgericht (VG) Dresden hat uns am 31.07.2019 den Beschluss vom 26.07.2019 (Aktenzeichen: 6 L 447/19) zukommen lassen, nachdem wir – die Band Dr. Ulrich Undeutsch – am 07.06.2019 Eilrechtsschutz nachgesucht hatten, da wir unter der Kategorie „Linksextremistische Musikszene“ im Verfassungsschutzbericht 2018 geführt werden. Unserem Antrag wurde nun vollumfänglich stattgegeben. Das bedeutet, dass der Verfassungsschutz (VS) verpflichtet ist, uns vorläufig aus den online abrufbaren Dateien zu entfernen. Zudem darf der Verfassungssschutzbericht 2018 nur weiterverbreitet werden, wenn unsere Eintragung unkenntlich gemacht wird.
Mitunter ist unsere Musik ein Ausdruck von Gefühlen welche sich sowohl mit eigenen Erlebnissen auseinandersetzen, als auch mit den Schilderungen betroffener. Daher werden wir uns immer kritisch zu den gesellschaftlichen Verhältnissen äußern und auch kein Blatt vor dem Mund nehmen, wenn es darum geht, Missstände aufzuzeigen. Dabei arbeiten wir auch an uns selbst, sprechen uns von Fehlern nicht frei und ermutigen uns immer wieder zur eigenen Reflexion. Solang diverse Unterdrückungsmechanismen in der Gesellschaft noch verankert sind, ist Punk als Subkultur ein geeignetes Mittel den Finger in die Wunde zu legen.
Seitdem wir allerdings in den Verfassungsschutzberichten geführt werden, sind Locations in denen wir auftreten wollen damit konfrontiert, sich zu uns auf eine bestimmte Weise positionieren zu müssen, welche deren Existenz bedrohen kann, was wiederum nie in unserem Interesse stand und wir auch nicht verantworten wollen. Das VG Dresden stellt in dem Beschluss fest, dass wir mit der Bezeichnung „linksextremistische Band“ diskreditiert werden und führt aus: „Die Bezeichnung der Antragstellerin als ‚linksextremistische Band‘ ist tatsächlich geeignet, sich abträglich auf ihr Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken und ihr gegenüber damit eine ‚mittelbar belastende negative Sanktion‘ darzustellen.“
Wie schon an anderer Stelle geschildert, setzte und setzt der Verfassungsschutz die ortsansässigen Behörden in Kenntnis, dass wir auftreten wollen. Dies zieht nach sich, dass die Polizei Gespräche mit den Clubs führt und/oder am Abend vor Ort ist, dass das Bauamt plötzlich und „zufällig“ die Begebenheiten des Auftrittsortes prüft oder die Auftritte gar abgesagt oder verboten werden. Das Verwaltungsgericht Dresden bringt diese Unverhältnismäßigkeit in dem Beschluss wie folgt zu Ausdruck: „Die Art und Weise der Berichterstattung im Verfassungsschutzbericht 2018 benachteiligt die Antragstellerin unverhältnismäßig und ist bereits aus diesem Grund rechtswidrig.“
Was sich der VS offensichtlich wünscht, aus verschiedenen Textpassagen herauslesen zu können, kann er tatsächlich nicht belegen und trotzt somit der im demokratischen Rechtsstaat verankerten Kunstfreiheit. Letztlich stellt sich die Behörde unserer Auffassung nach mit dem gesamten Beobachtungsobjekt „Linksextremistische Musikszene“ selbst bloß. Es findet keine Differenzierung statt, Songtexte werden aus dem Kontext gerissen und einseitig interpretiert, Mutmaßungen und Behauptungen können nicht belegt werden. Bei allem was von Seiten des VS über uns geschrieben wurde, besteht auch nicht der Eindruck, dass sich in dieser Behörde schon einmal eine Person wirklich mit Punkrock auseinandergesetzt hat. Die Unkenntnis gewisser Gepflogenheiten ist schon wieder fast beeindruckend. Der Beschluss des VG Dresden unterstreicht aus unserer Sicht die Verpflichtung des VS, Gefahren real einzuschätzen und diese auf Tatsachengrundlagen und nicht lediglich Vermutungen zu stützen. Es schreibt hierzu: „Die Dokumente (des VS – Anm. d.Verf.) enthalten ein nicht anhand tatsächlicher Anhaltspunkte nachvollziehbar belegtes Negativurteil über die Antragstellerin.“
Außerdem sehen wir uns in unserer Ablehnung der Extremismustheorie bekräftigt, da eben nicht jegliche Gesellschaftskritik, sei sie auch drastisch, per se anti-demokratisch oder verfassungsfeindlich ist und schon gar nicht mit anderen, das sogenannte andere Ende des Hufeisens betreffenden Ausrichtungen, gleichgesetzt werden kann. Es ist ein weiterer Anstoß damit aufzuhören, Antifaschismus – welcher ein wesentlicher Bestandteil der Punkkultur ist und ebenfalls notwendig für eine emanzipierte Gesellschaft – zu kriminalisieren.
Stay Punk // Stay Undeutsch